Tagebucheintrag einer Alchemistin

Juten Tach liebes Tajebuch,

nischt erschrecken. Isch bin’s wieder, die Nora. Wir haben heute den 20. Mai 1015 im Jahr des Warzenschweines. Isch weiß, dat isch disch in letzter Zeit etwas vernachlässische, aber der heutige Tag ergab tatsäschlisch ein paar erstaunlische Erkenntnisse. Und wie wir alle wissen ist dat unjewöhnlisch für die Alschemie. Aber naja, isch möchte nischts vorwegnehmen. Fangen wir doch einfach mal von vorne an.

Mein Tag begann eigentlisch wie immer. Da isch gestern Abend noch für einen feierabendlischen Kräutertee in der Taverne gewesen bin, habe isch meinen Hahn jebeten heut früh eine Stunde später zu krähen. Isch hatte dadursch etwas Zeit verloren, also musste ein roter Bullentrunk als Frühstück ausreischen. Nachdem isch meinem Schlepplandpony Schantal dat Zaumzeug anjelegt hatte, konnte isch endlisch zur Arbeit reiten. Und als wenn isch nischt schon spät jenug dran jewesen wäre, hat so ein dummer Bauer einen Stau auf der großen Handelsstraße verursacht. Der Schussel hatte noch zuviel Kräuter intus und ist einem Ritter hinten auf die Hufe jefahren. Einige Schaulustige haben Zeischnungen davon per Brieftaube verschickt und den janzen Verkehr aufjehalten! Aber jut, isch schweife ab. Nachdem isch endlisch mit einer dreiviertel Sekunde Verspätung in der Alchemistengilde angekommen bin, ging mein Schlamassel weiter.

Irgendein Marktschreier hatte sisch mal wieder den Spaß jegönnt zu behaupten, dat unsere Gilde einen Weg gefunden hat Pferdeäpfel in Gold umzuwandeln. Dementspreschend war mein Briefkasten überfüllt mit Anfragen. Ärjerlischerweise enthielten einige Umschläge bereits dat Ausgangsmaterjial. Bei den weiteren Briefen handelte es sisch um die üblischen Aufträge für Liebestränke auf Rohhypnoliumbasis. Ein Klassiker. Beim Sortieren der Briefe sprang mir jedoch ein edler Umschlag ins Auge. dat hat janz schön wehgetan. Als isch kurze Zeit später wieder sehen konnte, bemerkte isch dat Wachssiegel des Umschlages. Es kam mir bekannt vor. Es schien sisch dabei um ein Anschreiben des Bürjermeisters von Buturum zu handeln. Isch lese mal vor:

„Sehr geehrte Alchemistengilde von Kapitolia,

es schreibt Ihnen Bürgermeister Bartholomaeus Burgmeister, Bürgermeister von Buturum. Ich schreibe Ihnen in Zeiten großer Verzweiflung. Sie müssen uns helfen einen Bürgerkrieg zu vermeiden!

Wie Ihnen sicherlich bekannt ist befindet sich die Stadt Buturum im Grenzgebiet Kentut nahe des Tiefelfenterritoriums. Deshalb besteht unsere Gemeinde zu gleichen Teilen aus menschlischer und tiefelfischer Herkunft. Trotz eines weitgehend friedlichen Zusammenlebens beider Rassen hat sich unerwünschterweise in den letzten Jahren ein biologischer Konflikt aufgebaut. Schuld daran ist die Notwendigkeit der Elfen sich ununterbrochen das Haar zu schlabbern.

Aufgrund ihrer außergewöhnlich borstigen Haarstruktur können Tiefelfen keine handelsüblichen Haarwaschmittel verwenden. Lediglich ihr körpereigener Schlabber ist in der Lage die Haare zu pflegen. Dies ist zwar in der Regel nicht schön anzusehen, aber die menschlichen Bewohner haben sich bereits an diesen Anblick gewöhnt. Das Problem ist, dass in den letzten Jahren immer mehr Menschen eine Allergie gegen den Elfenschlabber entwickelt haben.

Wie Sie sich vorstellen können erschwert dies unser friedliches Zusammenleben in Kentut erheblich. Tavernen beginnen, Elfen den Zutritt zu verweigern. Die Kutschen elfischer Händler werden in Brand gesetzt. Buturum ist kaum mehr wieder zu erkennen: Plünderungen, Demonstrationen, Vandalimus! Ein jüngster Vorfall, bei dem ein Junge infolge eines Niesers eine Laterne umgeschmissen hatte und dadurch ein Großbrand auslöste, führte dazu, dass der Stadtrat nun den Ausnahmezustand ausgerufen hat.

Ich konnte den angeordneten Einsatz der Nationalgarde von König Nackenhorst glücklicherweise vorerst verschieben, denn dadurch würde der Konflikt eskalieren. Ich habe nicht mehr viel Zeit und darum wende ich mich in der Not an Sie! Sie müssen ein Shampoo entwickeln, dass in der Lage ist die Haarstruktur der Elfen zu bewältigen um der Schlabberei der Elfen ein Ende zu bereiten. Die Stadt Buturum ist auf ihre Hilfe angewiesen! Nur Sie können uns helfen unseren Frieden zu bewahren.

Anbei finden Sie einige ungewaschene Haare der Tiefelfen als Probeexemplar. Bitte bestätigen Sie mir den Eingang dieser Nachricht per Brieftaube.

Mit freundlichen Grüßen,

Bürgermeister Bartholomaeus Burgmeister,
Bürgermeister von Buturum“

Tja liebes Tajebuch, dat klingt doch mal nach einem interessanten Problem. Ein Alschemietrunk, der mit einer der schwierigsten Haarstrukturen von Peditum zurescht kommen müsste, welsch eine spannende Herausforderung! Isch entschied misch daher diesen Quest, ähm, isch meine Auftrag anzunehmen. Dazu fehlten mir jedoch noch einije Zutaten, die wir im Labor derzeit nischt vorrätig hatten. Also musste isch zum Marktplatz um den Fachhändler für Alschemiebedarf meines Vertrauens aufsuchen. Darüber war isch auch dankbar, denn so konnte isch dem beißendem Jeruch der Pferdeäpfeln zumindest kurzzeitig entweischen.

Draußen zeigte sisch ein schöner Tag und Capitolia war von seiner schönen Seite zu bewundern. Die Sonne schien, Kinder lachten und spielten auf der Straße mit Feuer, und eine Gruppe junger Männer schien zu helfen ein vermisstes Haustier wieder zu finden. Im Vorbeijehen hörte isch nur wie sie pfiffen. Sie riefen irjendetwas von einer Schnecke oder einer Maus. Auf dem Marktplatz konnten meine Ohren einem weiteren Klang lauschen. Es war die Musik meiner alten Lieblingsbarden, die Hinterjassen Buben. Die fand isch schon immer toll. Isch erinnere misch, dat isch als Jugendlische einije Jemälde von ihnen in meinem Schlafjemach hängen hatte. Isch hatte überlegt mir ein Autogramm zu holen, doch als die Hinterjassen Buben ihr jüngstes Gedischt vortrugen, konnte isch dat Jekreische der anderen Mägde und Maiden nischt ertragen.

Aber isch glaube isch schweife ab, was habe isch noch mal erzählen wollen? Ach ja, die Zutaten. Hexer Heriberts Hokus Pokus ist der Händler meines Vertrauens. Doch als isch ankam befürchtete isch schon, der Laden wäre geschlossen, denn von Hexer Heribert war weit und breit keine Spur zu sehen. Lediglisch sein Lehrling war dort um dat Warenlager zu säubern. Er erzählte, dat sein Meister für ein paar Tage auf Jeschäftreise wäre. Aber falls isch lediglisch ein paar Waren kaufen wollen würde, könne er mir sischerlisch weiterhelfen. Er sagte, dat er zwar nur ein Lehrling im Alschemiebedarf sei, aber sischerlisch kompetent jenug, weil er definitiv nischt in der Baumschule wegen eines schrecklischen Lehrers durch Kräuterkunde II gefallen ist und sisch auch nischt bei einem Fenstersturz den Kopf jebrochen hat. Isch muss sagen, isch bin dabei etwas stutzig jeworden, aber die Jeschischte klang plausibel. Auch wenn der Lehrling an sisch eines der rangniedrigsten Figuren innerhalb einer Zunft ist. Im Alljemeinen wird er zwar noch über einem Insekt einjeordnet, er befindet sisch aber trotzdem unterhalb eines Bettlers Haustieres Abfalls Schatten.

Da isch es eilig hatte, entschied isch misch gegen mein Bauchjefühl, meiner Erfahrung und generellem Alljemeinwissen zu handeln und einem Lehrling zu vertrauen. Dies stellte sisch später überraschender Weise als die rischtje Entscheidung heraus. Aber isch möchte ja nischts vorwegnehmen. Neben meinen üblischen Zutaten, den Krähenfüßen, Hühneraugen und etwas Quacksalbe benötigte isch vor allem etwas Antraxium. Mit seiner weißen, pulvrigen Konsistenz ist Antraxium leischt mit anderen Stoffen zu verwechseln. Jedoch war der junge Lehrling seines Wissens zuversischtlisch, denn er arbeitete bereits seit mehr als einem Dutzend Stunden in dem Lager.

Eine halbe Stunde später kehrte isch zurück ins Labor und bereitete den Versuch vor. Die Kunst ist es dabei möglischst viele kompliziert aussehende Apparaturen zu verwenden für den Fall, dat misch jemand beobachtet. Dahinter steckt im Grunde jenommen nur ein Kochtopf in den isch zufällige Zutaten als Cocktail hineinwerfe und erhitze. Mit ein wenig Glück tritt dann hoffentlisch der jewünschte Effekt ein. Jeschieht nischts, wird dat Gebräu weiterhin solange erhitzt bis daraus Kohle entsteht und wir diese benutzen können um weitere Tränke zu brauen. Da es sisch um einen Notfall handelte, hielt isch es jedoch für sinnvoll etwas effizienter an die Problematik heran zu jehen.

Isch entschied misch dafür, ein Haarwaschmittel auf Basis einer Kernseifenschmelze zu benutzen. Hierzu wird ein zwei Pfund schwerer Block Natronseife auf ca. 800° C erhitzt und mit etwas aufjeschlagener Quacksalbe verdünnt. Anschließend erfolgt die Zugabe der Krähenfüße und Hühneraugen bei ständigen Rühren unter mittlerer Flamme. Als nächstes erjänzt man den Trank mit Antraxium. Beim Einmischen bemerkte isch den aufjewirbelten Pulverstaub. Etwas war faul. Die Korngröße meiner letzten Zutat schien nischt nach 180 Mikrometer Korndurchmesser auszusehen. Vielmehr erinnerte misch seine Beschaffenheit an die von Backpulver. Ein schneller Schmeck-Test bestätigte meine Vermutung. Zujegeben, dat war etwas unvorsischtisch. Hätte isch misch vertan, wäre isch vermutlisch einen langen und qualvollen Tod gestorben.

Wie dem auch sei. Isch war im Begriff meine anjesetzte Mischung auf der Straße zu entsorgen, bis misch ein Geistesblitz durchzuckte. Dat Backpulver könnte die Antwort sein! Isch hatte es bis dahin noch nischt in Erwägung jezogen, doch dat Backpulver änderte selbstverständlisch die Zusammensetzung meines Versuches. Es wird als Katalysator fungieren und eine exotherme Reaktion hervorrufen, bei der die Oxidationszahl des Natrons logarithmisch potenziert wird. Dies würde eines von zwei Dingen bedeuten: entweder wäre mein Herstellungsprozess tatsäschlisch jelungen und es ist ein wahrlisch belastbares Haarwaschmittel entstanden, dat mit der borstigen Haarstruktur eines Tiefelfen zurecht kommen sollte. Oder isch hatte soeben ein DNS veränderndes Synthetikum erstellt, dat die Morphologie eines Organismus tief in der bathymetrischen Zone manipuliert und dat Zellwachstum kurzfristig tantrisch beschleunigt. Einfacher ausjedrückt bedeutet dies, ein Organismus, der mit der Substanz in Berührung kommt würde auf Kosten von Gehirnmasse immens an Körpergröße infolge extremer Muskelmasse zunehmen. Eine Transmutation organischer Substanz!

Isch entschied misch, die Brühe zunächst bei Seite zu tun. Isch musste nachdenken. Dafür öffnete isch ein Fenster um den wiederkehrenden Jeruch der Pferdeäpfel zu verdrängen. Während isch mir eine Verschnaufpause gönnte, hörte isch auf einmal ein Surren an meinem Ohr. Isch erschrak, als mir bewusst wurde, dat nischt alle Bewohner den Dunst verdauter Gräser meiden. isch verriegelte dat Fenster, aber die Fliege war längst an mir vorbeigeflogen. In der Hoffnung die Fliege noch rechtzeitig einzuholen stolperte isch durchs Laboratorium. Aber vergebens. Natürlisch ist die Fliege nischt zum verdammten Kackhaufen jeflogen sondern direkt auf meiner Probe jelandet. Dursch den Glaskolben konnte isch nur noch zuschauen, wie sie mit Ihrem Rüssel alles kontaminierte.

In meinem Ärger übersah isch beinahe die Möglischkeit die sisch dadurch offenbarte. Die Fliege war natürlisch dat optimale Versuchskaninschen. Isch griff nach meinem Okular und beobachtete die Fliege. Unter dem Makroskop konnte isch erkennen wie ihre Härchen sisch mit dem Haarwaschmittel einshampoonierten. Isch konnte es kaum erwarten. War mein Experiment jeglückt? Kann isch die Bewohner von Buturum aus Ihrer Notlage befreien? Und welsche Rolle wird dat Backpulver spielen? Ein plötzlisches ohrenbetäubendes Kreischen beantwortete meine Fragen. Vor Schreck ließ isch meine Lupe fallen. dat hinderte misch jedoch nischt, dat Jeschehen weiter zu beobachten, denn die Fliege hatte auf einmal die Größe einer Maus erreischt. Isch zuckte ein zweites Mal zusammen, als dat Glas zerplatzte, weil dat Insekt nun zu groß für den Kolben war. Gemeinsam mit den Scherben flog der Mutant dursch den Raum. Isch wisch zur Seite und versteckte misch hinter dem Apothekenschrank.

Als isch die restlischen Glassplitter von mir abklopfte bemerkte isch den Klecks Shampoo auf meiner Robe. dat hätte auch ins Auge jehen können. Ein dumpfes Klopfen riss misch wieder aus meinen Jedanken. Die Fliege ist in ihrem Wahnsinn gegen dat Fenster jeflogen. Anschließend ein zweites Mal. Und dann noch mal. dat wiederholte sie noch einije Male, bis dat Insekt endlisch mit einem lauten Platschen zu Boden fiel. Isch lauschte einen Moment lang. Aber isch konnte nischts mehr hören. Also kroch isch aus meinem Versteck und blickte zum Fenster. Dursch die Glasscheibe zog sisch ein Riss und von matschigen Flecken liefen Schlieren herunter. Auf dem Fußboden konnte isch die Fliege entdecken. Ihre Beine zuckten noch vereinzelt und sie hatte eine Platzwunde am Kopf. Die Hämolymphe lief aus ihr heraus und sammelte sisch in einer Lache.

Isch vermute, sie wollte mit der für Insekten üblischen Methode versuchen den Raum zu verlassen: solange gegen die unsischtbare Wand fliegen bis eine Person vor Frustration dat Fenster öffnet. Was die Fliege jedoch nischt beachtet hatte war ihr Zuwachs an Jewischt. Aufgrund ihrer erhöhten Masse war der Impuls ihres Aufpralls natürlisch wesentlisch höher. Meiner Einschätzung nach war ihr Schitinpanzer nischt auf eine solche Kraft ausjelegt. Nachdem isch mir sischer war, dat dat Zucken der Fliege vorbei war, legte isch sie mir zur Obduktion auf den Tisch. Es war erstaunlisch zu sehen, welsche Auswirkung die Zugabe von Backpulver auf ihre Anatomie hatte. Als isch nach meinem Skalpell griff, streifte mein Ellenbogen eines ihrer Beine. Es war eine unjewöhnlisch sanfte Berührung. Isch legte die Klinge wieder zur Seite und nahm stattdessen ein Vergrößerungsglas in die Hand. Ihre Härchen schienen jeglische Steifigkeit verloren zu haben. Ein schneller Streischeltest bestätigte meine Beobachtung. Die Härchen waren sanft und flauschig. Also sind beide meiner Vermutungen in Kraft jetreten.

Dat bedeutet, mein Shampoo funktioniert, solange es keinen Hautkontakt jibt. Andernfalls würden Transmutationen innerhalb der organischen Substanz des Einshampoonierten auftreten. Isch war mir zu 95 Prozent sischer, dat dies noch kein akzeptables Erjebnis war. Aber zumindest konnte isch dem Bürgermeister von Buturum mitteilen, dat wir bald in der Lage sein würden, seinem Volk zu helfen. Jedoch sind weitere Forschungen notwendig, um die Problematik der Transmutation einzugrenzen. Isch könnte mir vorstellen, dat die Verwendung unterschiedlicher Katalysatoren eine kontrollierte Reaktion hervorrufen müsste. Es sollte dennoch ein abjelegener Ort in Betracht gezogen werden, falls es zu weiteren unvorherjesehenen Nebenwirkungen kommt. Vielleischt jestattet mir mein Onkel an der Universität in Voltabrum zu forschen. Soweit isch weiß, sind die dort ansässigen Meerschwein-Menschen sowieso mit den Problemen borstiger Haarstrukturen vertraut. Aber jut, jetzt muss isch auch mit dem Tagebucheintrag aufhören, denn isch habe leider meine Schreibfeder verloren. Isch halte disch auf dem…